Südlich von Lima finden wir in Pisco eine tolle Unterkunft und einen unerwarteten Zugang zu einem wunderbaren Sonntagsausflug.

Pisco sieht sich als Tor zur Freiheit, weil hier 1820 die Truppen von General San Martin gelandet sind, die Peru die Unabhängigkeit erkämpften.

Der Gartenblick ist am Ende entscheidend. Im kleinen Küstenstädtchen Pisco gibt es viele freie Unterkünfte, die Nachfrage scheint nicht so groß zu sein. Aber wir wollen mal wieder ein paar Tage ans Meer, etwas entspannen, und wir haben Pisco gewählt (auch des Namens wegen, selbst wenn der Pisco eher aus der Stadt Ica 80 km entfernt kommt). Jetzt müssen wir uns nun für ein Hostel entscheiden. Eins nicht weit vom zentralen Platz hat zwar einen komischen Namen, irgendwas mit Yoga, aber verspricht alle Zimmer mit Blick in einen Garten. Sowas hatten wir noch nie, also buchen wir einen Raum und lassen uns mal überraschen. Bisher ist das ja meistens gut gegangen. Besser als gerade in Ica, wo wir starten, wird es hoffentlich. Diese Kleinstadt mit den vielen Bodegas mit ihren süßem Weinen und leckeren Piscos ist dermaßen laut und mit ständig hupenden Autos verstopft, dass uns ewig die Ohren klingeln.

Der Gartenblick von unserem Zimmer in Pisco aus.

Als wir auf dem Hauptplatz von Pisco aus dem engen Auto klettern, dem Sammeltaxi für die letzten 7 Kilometer, trauen wir dem Frieden zuerst nicht. Aber es bleibt bei wenigen Autos und kaum einem hupenden. Ach, tut das gut. Sogar ein Café finden wir, das richtigen Kaffee anbietet, was in Peru nicht selbstverständlich ist – da beherrscht Nescafe die Szenerie. So gestärkt klopfen wir am Yoga-Hostal. Wir werden herzlich von zwei Frauen begrüßt und zu einem neuen Flachbau hinter dem Yoga-Studio geleitet, in dem fünf Zimmer sind, deren Türen und Fenster wirklich alle auf ein Rasenstück gehen. Dieses Gärtchen ist von hohen Ziegelmauern der umliegenden Häuser eingezwängt, aber grün. Vor unserem Zimmer steht sogar ein Liegestuhl.Vom Verkehr ringsum kriegt man dort kaum was mit. Es könnte also erholsam werden. Das beste an unserer Unterkunft ist aber der menschliche Aspekt, der Homestay-Charakter: Wir dürfen die Küche der Familie nutzen und sind daher nahe an ihr dran. Selbst Hund und Katzen akzeptieren uns schnell. Unsere bisherigen Hostels waren wie einfache Hotels mit Rezeption und Zimmern.

In der Küche der Familie begrüßt mich Hund Affi voller Begeisterung.

Als Manuel, der Hausherr, heim kommt, bietet er uns sofort seine Hilfe an, falls wir einen Ausflug machen wollen. Wir haben was von einer Halbinsel nicht sehr weit von Pisco weg gelesen, wo es auch ein großes Scharrbild gibt, wo Boots- und als Kontrastprogramm zugleich Wüstentouren angeboten werden. Das wäre vielleicht was. Aber erst mal wollen wir es ruhig angehen lassen und den nächsten Tag mit abhängen, einem Spaziergang zum fast leeren Strand und durch das Städtchen genießen. In Pisco kommen wir uns einigermaßen exotisch vor: Wir sehen den ganzen Tag keine anderen ausländischen Touristen. Dafür werden wir öfter mal einfach so gegrüßt, angelächelt oder jemand winkt uns mit einem lauten „Hello friends“ zu. Abends taucht Manuel freudestrahlend und redselig in der Küche auf, während wir Spaghetti kochen. Als wir wegen einer Tour fragen, wird er noch zappeliger als so schon ist. Er verrät uns, dass er in Paracas, wo wir hin wollen, Reiseführer ist, meistens auf einem der Boote. Er schlägt uns also vor, gleich morgens mit ihm zusammen loszufahren, das erste Boot zu nehmen und der Rest findet sich im Laufe des Tages und alles für einen guten Preis.

Vom ruhigen Pisco fahren wir zum Sonntagsausflug ins touristische Paracas.

Das, was uns am nächsten Tag erwartet, ist statt unseres gewohnten, selbst organisierten Reisens ein Reisen lassen. „Um 6:30 steht euer Frühstück auf dem Tisch. Um 7:10 werden wir hier vor der Tür abgeholt und nach Paracas gefahren. Dort macht ihr zuerst eine Bootstour zu den Islas Balestas, wo ihr dann Tiere seht – entweder mit mir als Guide oder nicht. Dann geht ihr 50 Meter vom Hafen zu meinem Freund Pepino – den könnt ihr nicht übersehen, so dick wie er ist, er lacht dabei. Pepino organisiert euch Plätze in einem Bus für eine Wüstentour. Mittagessen gibt es in einem Ort mit vier Restaurants, ich sag euch zwei, die gut sind. Und zurück nach Pisco bringt euch Pepino dann auch.“ Na, wenn das mal kein aus dem Stegreif durchorganisiertes Ausflugsprogramm ist. Wie macht Manuel das nur so fix und alles wie aus dem Ärmel geschüttelt? Wir sind perplex und beeindruckt. Hauptsache auch die anderen Beteiligten wissen morgen von den Reiseplänen.

Als ganz seriöser Guide auf unserem Boot begrüßt uns unser Zimmervermieter Manuel.

Das Frühstück steht natürlich um halb sieben bereit. Mit Manuel stehen wir kaum vor der Tür, als ein Kleinbus hält. Vorn nimmt Pepino zwei Sitze ein und grüßt uns. Er weiß schon Bescheid, was er mit uns tun soll. Nach 30 Minuten erreichen wir Paracas – und sind geschockt. Was es in Pisco an Touris zu wenig gibt, gibt es hier zu viele. Der Ort an der gleichnamigen Halbinsel besteht nur aus Restaurants, Souvenierläden und Hotels. Am Anleger für die Ausflugsboote stehen Dutzende Reisegruppen in Zweierreihen an. Ach du je… Manuel, der hier in seinem Job noch nervöser zwinkert als zu Hause, drückt uns diverse Tickets in die Hand und schiebt uns in eine der Zweierreihen. Als die bis zu einem der mindestens 20 Boote für je 48 Passagiere vorrückt, begrüßt uns Manuel als Guide. Nach dem Blick aufs riesige Scharrbild, das 2.000 oder 200 Jahre alt ist, je nach Deutung, rast das Boot zu den Inseln. Während die Mehrheit ganz närrisch auf die drei Humboldt-Pinguine und die vier Seelöwen ist, lass ich mich von den Inka-Seeschwalben mit ihrem weißen Bart faszinieren. Jeanette kann die Pinguin-Begeisterung verstehen, schüttelt aber den Kopf über eine österreichische Reisegruppe, die ganz aus dem Häuschen ist. Wir waren ja von den ersten, die wir sahen, auch ganz hin und weg.

Nach der Bootstour erobern wir die Wüste.

Zurück am immer noch brechend vollen Anleger (wo es schön ist, wollen eben alle hin) steuern wir die Bank an, auf der Pepino thront. Mit Klemmbrett und Telefon in der Hand waltet er seines Verteileramtes. Wir werden in zehn Minuten vier verschiedenen Fahrern zugeteilt und wieder abgezogen – weil die Autos für uns alle zu eng sind, meint Pepino. Am Ende haben wir ganz hinten in einem Mercedes-Sprinter einer Reisegruppe aus Ica recht viel Platz – und eine unerwartete Begegnung. Ein Peruaner, der mit Frau und drei Kindern reist, spricht uns in sehr gutem Deutsch an. Als junger Mann hat er ein paar Jahre in Hamburg gearbeitet, schwarz, wie er augenzwinkernd hinzufügt. Am Autofenster ziehen erst rötliche, dann hellgelbe Sanddünen vorbei. Von einem Hügel über einer Steilküste bietet sich uns ein wirklich exotisch-schöner Anblick: Wüstensand und Meer, auf dem Pelikane und Fischerboote auf Fang aus sind. Dieser Gegensatz von heißer, offenbar lebensfeindlicher Wüste und Dank des kalten Humboldt-Stroms Wasser voll üppigen Lebens.

Im „Sol de Oro“ sehen wir vor Sandünen die Fischerboote.

Diesen Gegensatz erleben wir auch im „Sol de Oro“, dem Restaurant, das wir auswählen. Vom Tisch aus sehen wir Dutzende Fischerboote, die im tiefblauen Wasser unmittelbar vor den gelben Sanddünen schaukeln, die bis zum Horizont reichen. Trotz des Meeres sitzen wir ja in der Wüste und genießen unsere üppigen Portionen fangfrischen Fischs, übrigens sehr sehr lecker zubereitet. Komplett gesättigt und auch ansonsten sehr zufrieden mit dem sehr schönen Sonntagsausflug, haben wir noch eine halbe Stunde Entspannung an einem hellen Sandstrand, bevor uns der Reiseführer wieder bei Pepino absetzt. Wir haben ihn noch gar nicht richtig begrüßt, da hält schon der Kleinbus, der uns und ihn wieder nach Pisco bringt. Besser organisiert hätte unser „Reisenlassentag“ wirklich nicht sein können.

 

Bis zum schweren Erdbeben in Pisco im August 2007 stand rechts die alte Kathedrale, wo jetzt ihr Neubau leuchtet.

Am historischen Rathaus der Stadt sieht man die Schäden der Erdstöße noch immer.

Nahe des Strandes stehen noch vereinzelt alte Bauten. Der Rest der Stadt ist komplett neu gebaut worden.

Zwischen den Häusern hat ein Kaktus viel Platz zum Wachsen.

Arg in Mitleidenschaft gezogen ist auch die Seebrücke von Pisco.

Um den einzeln stehenden Teil der Seebrücke tummeln sich zahlreiche Seevögel.

Ein Stückchen traut sich Jeanette in das kalte Pazifikwasser.

Sonntagmorgen in Paracas: Ansturm auf die acht Anlegestege für die Ausflugs-Motorboote. Und wir stehen mittendrin.

Wir werden auf die „Wikinger II“ verfrachtet.

Mit dem 500 PS starken Boot fahren wir für knapp zwei Stunden raus aufs Meer.

Die für uns exotische Mischung aus Wüste und Meer hat etwas faszinierendes.

Erstes Highlight der Tour: Der Leuchter. Oder ist es doch ein Kaktus? Das Scharrbild ist 180 Meter hoch und 50 cm tief in den harten Sandboden gekratzt.

Nächstes Highlight sind die Tiere, die auf den Ballestas-Inseln leben.

Drei Humboldt-Pinguine kriegen wir zu Gesicht.

Von den Tölpeln verscheidener Arten gibt es etliche mehr.

Wegen Vogelgrippe und El Nino sind es aber viel weniger als üblich.

Ich bin besonders von den Inka-Seeschwalben angetan.

Sie sind super Flieger und haben zudem einen schicken weißen Bart, fast wie der von Dali.

Die Inseln selbst sind auch sehr spannend, weil Wind und Wellen bizarre Landschaften geformt haben.

Manche Ecken erinnern ein wenig an Helgoland.

Zur Erleichterung von Manuel sehen wir auf dem Rückweg doch noch ein paar Seelöwen, die eine Boje erobert haben.

Sein Problem: Die Touren werben unter anderem mit Seelöwen, die die zahlenden Touristen dann auch unbedingt sehen wollen. Nur halten sich die Tiere nicht immer daran.

Der zweite Teil unseres Sonntagsausflugs führt weiter rein in die Wüste der Halbinsel.

Dort fasziniert uns wieder die Nähe von lebensfeindlicher Wüste und üppigem Leben im Meer.

Hier sind nicht nur die Fischer auf frischen Fisch aus…

… sondern auch die geschickten Pelikane.

Von dem, was die Wüstenfischer aus dem Wasser holen, …

… profitieren auch wir. Ich gönne mir eine Art Fish and Chips mit allen möglichen Meerstieren …

… und Jeanette gönnt sich eine Sonderart von Ceveiche, mit rohem Fisch.

An einem Strand nehmen wir Abschied von der Wüstentour.

In der Küche der Familie (die wegen der Fotos geflohen sind), entsteht das Abendsessen als Abschluss eines wunderbaren Tages.

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