Die Galapagos-Inseln werden vor allem der Tiere wegen besucht. Aber auch pflanzlich hat das Archipel einiges zu bieten. Für uns ist diese Reise Höhepunkt und Abschluss spannender Monate.

Ein 20 Meter hohes Gänseblümchen? Das kann doch nicht sein, oder? So was in der Art gibt’s auf Galapagos tatsächlich zu sehen. In den meist in Wolken gehüllten höheren Lagen, was hier 400-700 Meter sind, wachsen ganze Wälder von Scalesia. Diese Bäume sind enge Verwandte unserer winzigen Wiesenblümchen. Ob sich die Bäume einst tatsächlich aus Blumen entwickelt haben, ist nicht ganz klar, möglich ist es aber. Als sie von Millionen von Jahren hier ankamen, gab es nur Gräser und andere Blumen. Da könnten sich die Gänseblümchen Darwins Evolutionstheorie folgend tatsächlich immer weiter in die Höhe gestreckt haben, um die ökologische Nische zu füllen. So ähnlich ist das ja auch bei den berühmten Finken, die sich je nach Insel und der Nahrung dort ganz anders entwickelt haben, vor allem in der Schnabelform.

Damit wir uns das in natura ansehen können, sind wir die 1000 Kilometer vom Festland hergekommen, für sechs Tage auf Insel-Hopping-Tour. Sechs Inseln betreten wir tatsächlich. Und diese Reise, der Höhe- und Endpunkt unserer sechsmonatigen Tour, ist für uns auch in anderer Weise eine einmalige: Wir haben eine komplette Tour mit Guide gebucht und lassen uns die gesamte Zeit führen. Die fünfeinhalb Monate zuvor haben wir jedes Stück Ausflug und Weiterfahrt selbst organisiert – und das reicht uns jetzt. Diesmal lassen wir Stefano organisieren, den jungen einheimischen Galapeño, der vom Nationalpark die Lizenz zum Führen hat. Das ist auf der einen Seite sehr entspannt, wir müssen nur die Treffpunktzeiten einhalten und mitgehen, wo er hingeht. Andererseits ist es ein komisches Gefühl, manchmal nicht genau zu wissen, was als nächstes kommt. Das haben wir sonst tunlichst zu vermeiden versucht. Zum Abschluss der großen Reise lassen wir uns aber gern darauf ein, zumindest für die paar Tage.

Trotz der interessanten Flora, die uns Stefano ganz begeistert näher bringt, sind es auch bei uns die Tiere, auf die wir gespannt sind. Einige davon gibt es ja ausschließlich auf dem Archipel im Pazifik, und einige gibt es nur auf einer oder ein paar wenigen der 130 teils winzigen vulkanischen Inseln. Zuerst sind das Schildkröten, die extrem imposant sind, wenn man wenige Meter neben ihnen steht: die Riesenschildkröten. Die durchaus 200, manchmal sogar 400 Kilo schweren Tiere sind nicht nur kolossal, vor allem wenn die mächtigen Männchen ihre erstaunlich langen Hälse nach oben recken, sondern auch für den Namen des gesamten Archipels verantwortlich. Piraten, die seit Jahrhunderten Unterschlüpfe auf den oft in Nebeln verschwindenden Inseln hatten, nahmen die Riesenschildkröten als Lebendfutter mit auf ihre Touren. Die Piraten erinnerte die Form der Panzer, die im Nacken nach oben gewölbt sind, an Galápagos genannten spanische Reitsättel. So nannten sie die Tiere einfach auch Galapagos. Im Laufe der Zeit setzte sich diese Bezeichnung für das gesamte Archipel durch. So, das ist nun geklärt.

Wie es zur beachtlichen Größe der Reptilien und ihren 15 noch lebenden Unterarten von oft weit entfernten Inseln gekommen ist, ist dagegen nicht ganz geklärt. Eine Theorie besagt, dass einst kleine Schildis auf Treibgut die Eilande erreichten und dort bei viel Futter immer größer wurden. Eine andere geht davon aus, dass es die letzten Überlebenden von einst weltweit verbreiteten Riesenschildkröten sind. Wie auch immer: die Tiere sind faszinierend, wenn sie ihr Gewicht in den riesigen Panzern hochhieven und gar nicht so langsam wie erwartet über Wiesen oder Vulkansteine kriechen. Wir erleben die Reptilien meist in riesigen privaten Aufzuchtgehegen oder in der Darwin-Station auf Santa Cruz, sind aber dennoch total fasziniert.

Getoppt wird diese Begeisterung nur noch von den schwimmenden Exemplaren, denen wir beim Schnorcheln mehrfach ebenfalls sehr nahe kommen. Wenn ein eineinhalb Meter langes, schwerfällig aussehendes Tier armbreit neben einem wie schwerelos durch Wasser zu fliegen scheint, könnte man fast das Luftholen vergessen. Bei einem anderen Schnorchelausflug passiert uns das noch einmal, das mit dem Luftholen. Hinter einem Stein, an dem wir vorbei schwimmen wollen, sehen wir plötzlich fünf mehr als zwei Meter lange Weißspitzenhaie auf dem sandigen Grund liegen. Wir sind gerade mal eineinhalb Meter über den Tieren. Die ruhen sich dort tagsüber aus, auf Jagd gehen sie nachts. Das erklärt uns Stefano, als wir bibbernd wieder im Boot sind. Der Humboldtstrom, der massig Nahrung für die vielen Tiere anspült, bringt auch ziemlich kaltes Wasser mit.

Das kalte Nass ist übrigens auch der Grund, warum wir dort Vögel sehen, die wir nicht erwartet haben: Pinguine. Statt kurz vor der Antarktis brüten die hier am Äquator. Eine Kolonie am nördlichen Ende der Insel Isabela lebt kurz über dem Nullmeridian, also als einzige Pinguine auf der Nordhalbkugel. Der Galapagospinguin ist vor Millionen von Jahren von Südargentinien eingewandert und hat sich seither mit 50 Zentimetern zur zweitkleinsten Art der Welt (zurück)entwickelt. Inzwischen hat es das kleine Tier leider auch auf einen Platz auf der Roten Liste gefährdeter Arten geschafft.

Zurück an Land genießen wir die wärmende Sonne. Weg vom Wasser gibt es neben den Schildkröten noch vieles andere Exoten zu entdecken. Ob auf Gehwegen, im Lavageröll, unter baumartigen Kakteen oder an ins Meer ragenden Klippen – Leguanen begegnen wir auf allen Inseln zuhauf. Die haben sich auf Galapagos auch ganz verschieden entwickelt. Zum Beispiel die schwarzen Meeresleguane. Vermutlich waren deren Vorfahren im Kampf um gute Nahrungsquellen unterlegen und wurden an die kargen Küsten abgedrängt. Dort fanden sie aber eine Nische und spezialisierten sich darauf, bei Ebbe Algen von den Steinen zu fressen. Die farbenfreudigeren und zudem größeren Leguanen begegnen wir im Landesinneren, allerdings in geringerer Zahl.

Eine andere Tierart, der man an der Küste kaum aus dem Weg gehen kann, sind die Seelöwen. Die machen in den Häfen den Menschen sogar die Treppen, Fähranleger, Sitzbänke oder leeren Stühle in Restaurants streitig – und niemand hindert sie daran. Die Zeiten, als sie wegen ihrer Fälle gejagt wurden, sind vorbei seit der Nationalpark gegründet wurde und die Tiere an Land und im Wasser jetzt strikt geschützt sind. So liegen die an Land sehr behäbig wirkenden Meeressäuger als beliebte Fotomotive überall in der Sonne und lassen sich von uns Touristen nicht weiter stören. Wenn man die Seelöwen dagegen elegant durchs klare Wasser schießen sieht, kriegt man die beiden Bilder kaum auf die Reihe. Badende haben mit ihnen ihre helle Freude, wenn die jüngeren und neugierigeren Tiere zum Spielen aufgelegt sind. Ihr Spieltrieb macht auch vor den Haien nicht halt: ein Seelöwe hat die ruhenden Fische so lange in die Schwänze gezwickt, bis sie genervt weggeschwommen sind. Das zu beobachten, ist schon einmalig. Auch die Nähe: nirgendwo auf unserer großen Reise haben uns die Tiere so nah an sich ran gelassen.

Mit ganz vielen Erlebnissen (und noch mehr Bildern 😉 fliegen wir nach sechs Tagen wieder zurück aufs ecuadorianische Festland. Etwas ausgeruht vom schon organisierten Reisen stürzen wir uns am letzten Tag in Quito ins Souvenireinkaufen und treten am nächsten Tag schweren Herzens die lange Rückreise nach Dresden an. Nach sechs Monaten auf spannender, erlebnisreicher Tour fällt es schwer, sich zurück in den Alltag zu denken. Von all den Erlebnissen unterwegs – wie den Tagen auf den Galapagos-Inseln – werden wir aber sicher noch lange zehren können.

 

 

Ein Kommentar

  1. Kanone und Granate. Die haben ja ulkige Sachen da unten. Der exotische Höhepunkt kann man schon sagen. Habt Ihr zufällig so einen süßen Seelöwen mitgebracht? Der Nachbar hier hat einen Gartenteich mit Felsen, da würde das gut passen.
    LG S+C

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