Versteckt in den Bergen Guatemalas und schwer zugänglich liegt ein kleines aber feines Naturparadies – ein Ort zum Staunen, Genießen und Abschalten.

Semuc Champey hat nichts mit trockenem Sekt zu tun. Aber wohl mit was Besonderem. Schon Tage vorher werden wir von Reisenden, die schon dort waren, mit lauter Superlativen auf den Ort eingestimmt. Und der soll ideal zum Baden sein. „Das ist der schönste Platz in ganz Guatemala.“, hat uns jemand in Flores gesagt. So ganz geglaubt haben wir sie nicht, die Lobhudeleien. Aber ansehen wollen wir uns die Gegend trotzdem – und wir wissen, dass wir bei weitem nicht die einzigen dort sein werden.

Der steile Weg nach Semuc Champey

Allerdings ist Semuc Champey nicht gerade einfach zu erreichen. Reisebusse haben auf den Pisten dort keine Chance, Allrad-Pickups mit Stehplätzen auf der mit einem Rohrrahmen überspannten Ladefläche sind das einzige Transportmittel vom nächsten Ort aus. Wir haben solch ein Gefährt nur genutzt, um zu unserer Unterkunft zu kommen. Der Minibus, der gut neun Stunden von Flores gebraucht hat, hat uns am Abend vorher in Lanquin rausgeworfen, dem einzigen größeren Ort nahe Semuc Champey. Unser Hotel hatten wir uns – nach dem lauten Flores – ein Stück abseits und nur ein kleines Stück vor den Steinpools gesucht. 45 Minuten hat der Pickup für die 6,5 Kilometer von Lanquin bis hierher gebraucht. Dafür haben wir am nächsten Tag nur noch ein kleines Stück Weg bis zu der Attraktion zu laufen.

Schweißtreibender Aufstieg

Die drei Kilometer werden aber trotzdem ganz schön lang: die steinige Schotterpiste ist enorm steil, sehr eng und ordentlich staubig, wenn ein Pickup vorbei rattert. Dazu knallt die Sonne auf uns herab. Nach zwei Kilometern sind die T-Shirts durchgeschwitzt und wir sehen den Rio Cahabón in einer weiten Schleife durch die bergige Landschaft fließen. An dem Fluss muss Semuc Champey sein. Na, mal gucken, ob das so toll wird. Nach einigen weiteren Hügeln stehen wir am Kassenhäuschen. Von irgendwelchen Badeplätzen ist nichts zu sehen, nur Bäume und ein breiter Weg. Wir sollen unbedingt zum Aussichtspunkt gehen, hat man uns jemand in Flores geraten. Also fragen wir nach dem Weg zum Mirador und wandern los. Das wird noch schweißtreibender als der Weg bisher: an dem fast senkrechten Hang führen steile Stufen aus Steinen zu hölzernen Leitern von fragwürdiger Haltbarkeit. 500 Meter lang ist der Weg, aber eine halbe Stunde brauchen wir trotzdem, bis wir fix und fertig aus dem Wald treten.

Der Blick verschlägt einem fast den nur noch keuchenden Atem. Unter einer hölzernen Plattform liegt ein grünes Tal, auch auf der anderen Seite von einer fast senkrechten Felswand begrenzt. Und dazwischen sind sie, die Pools. Das Wasser darin leuchtet von sattem Grün über helles Blau bis fast Schwarz. Die Sonne, die sich immer mal hinter Wolken versteckt, befeuert dieses Farbenspiel noch. Als kleine Punkte heben sich die Köpfe der Badenden von der Szenerie ab. Das ganze Bild wirkt fast unecht, so schön ist es. Doch, der Platz ist etwas Besonderes – von oben betrachtet zumindest.

Atemberaubender Blick vom Mirador

Aber wir können nicht lange am Geländer stehen und den Blick frei nach unten schweifen lassen: die nächsten Besucher wollen sich mit Selfiesticks bewaffnet mit der Szenerie festhalten. Einem jungen Mann rutscht dabei das Telefon aus der Halterung und verschwindet hinter dem Geländer. Er klettert hinterher und hat es gleich wieder in der Hand: ein Busch hat seinen Fall gebremst. Das sorgt unter den immer mehr werdenden Leuten am Aussichtspunkt für entspannte Heiterkeit. Unsere Shirts sind fast wieder trocken und wir ziehen weiter, wieder extrem steil nach unten, dem kühlenden Wasser entgegen. Trotz unserer gerade erst abflauenden Erkältungen wollen wir dort baden.

Der Name Semuc Champey, zu dem es fast alle Guatemala-Touristen so wie uns zieht, bedeutet so viel wie „wo das Wasser verschwindet“. Das trifft es sehr gut, auch wenn die natürlichen Badebecken im Kalkstein prall mit Wasser gefüllt sind. Das Verschwinden bezieht sich auf den Rio Cahabón, der dort durch die enge Felsenschlucht fließt. Kurz vor dem ersten Bassin sehen wir von einem zur Sicherheit gespannten Strick aus, wie der Fluss in einer Art Höhle unter uns verschwindet. Er fließt dann unter einer 300 Meter langen Kalksteinplatte wie unter einem Dach entlang. Und auf dem Flachdach füllen Bäche, die aus den Felsen rinnen, ein halbes Dutzend in den Kalkstein gegrabene Pools. Das Wasser schimmert fast unnatürlich im wechselnden Sonnenstand. Es gibt wohl nur wenige Plätze, wo das Baden so beeindruckend ist. Wir sind begeistert von Semuc Champey.

Erfrischendes Bad im Pool

Wir probieren einige der Pools aus und bleiben dann länger an einem in der Mitte. Ein schmaler Steinrand führt fast rings um das Becken, einen Meter tiefer liegt das nächste. Das türkis schimmernde, erfrischend kühle Wasser läuft an einigen Stellen über den Rand. Im Becken gibt es flache, helle Stellen über Steinen und tiefe, dunkelgrüne dazwischen – und egal, wo man ist, es zwickt an den Füßen, sobald man sie still hält. Schwärme von kleinen Fischen machen sich daran zu schaffen und knabbern abgestorbene Hautzellen ab. Richtig in Bewegung bringt man die Tiere aber mit ein paar Kekskrümeln. Auf die jagen sie zu Dutzenden zu und lassen das Wasser an der Stelle wie kochend aussehen. Wir genießen den heißen Nachmittag in Semuc Champey und schlendern langsam zurück. Wir müssen ja noch einen Pickup nehmen und nach Lanquin fahren – vorbei an unserem Hotel im Wald. Weil es dort kein WLAN gibt, müssen wir in ein Internetcafé, um die Unterkunft in Antigua zu buchen, unserem Ziel am nächsten Tag.

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