Einer der größten und buntesten Märkte der Quiché-Indianer verändert eine ganze Stadt im Handumdrehen und gewährt einen Blick auf einen ganz anderen Alltag.

Noch sind die Straßen passierbar, aber die Marktstände liegen bereit.

Die Pflasterstraßen zwischen den grauen Häusern sind eng. Wenn sich zwei Autos begegnen, muss eins schon rangieren. Die paar Fußgänger müssen sich an die Mauern drücken. Chichicastenango ist eine kleine Stadt nördlich vom Lago Atitlán. Besonders schön ist sie nicht. Ringsum umgeben von steilen Bergen wirkt der Chichi genannte Ort eher isoliert vom restlichen Guatemala, das Leben rinnt eher so dahin. Das Erscheinungsbild des Städtchens ändert sich aber komplett, wenn donnerstags und sonntags der Markt abgehalten wird.

Der kunterbunte Friedhof von Chichi.

Wir sind extra schon an einem Mittwoch nach Chichi gefahren, um die Verwandlung direkt mitzuerleben. Weil die Touristen normalerweise nur am Markttag selbst angefahren werden, mussten wir zu dritt einiges für den Kleinbus hinblättern, um hingefahren zu werden. Aber auch für Sonja, eine in Österreich geborene und in Afrika aufgewachsene Engländerin aus Hongkong, war es das wert – der Preis geht durch drei Teile. Am Nachmittag sehen wir uns gemeinsam das Städtchen ausführlich an, darunter auch den knallbunten Friedhof. Nach drei Stunden haben wir eine grobe Orientierung. Abends kann man dann eine Ahnung kriegen, wie sich Chichi über Nacht verändern wird. Überall schleppen Leute Bambusstangen, Seile und Plastikplanen heran, um die Marktstände aufzubauen. Aber noch sind die Straßen zu erkennen und wir finden uns zurück ins Hotel.

Farbenprächtige Wolle für die traditionelle Kleidung.

Am nächsten Morgen ist die Verwandlung perfekt. Die zuvor von Autos und Motorrädern bevölkerten Gassen sind nicht mehr wiederzuerkennen. Einmal eingetaucht ins auf uns nur chaotisch wirkende Gewirr der Stände mit Planen darüber, wissen wir nach zwei Ecken kaum noch, wo wir sind. Selbst die höher gelegene, für die skurrile Mischung aus Maya-Ritualen und Katholizismus genutzte Kirche Santo Tomas, ist kaum zu entdecken. Völlig überwältigend ist die Farbenpracht. An vielen Ständen werden die von Dorf zu Dorf verschiedenen Webarbeiten der Quiché-Indianer oder Wollknäule in allen erdenklichen Farbschattierungen angeboten. Dazwischen gibt es Obst von Bananen über Mango bis Erdbeeren oder leuchtendes Gemüse, geschnitzte Masken, Blechtöpfe, Hüte, Zahncreme, Fleisch, Ledertaschen, Äxte, alte Münzen, Plastikspielzeug, Hühnerküken, DVD-(Raub-)Kopien, Essensstände verschiedenster Couleur und auf den Stufen zu Santo Tomas hocken dutzende Blumenverkäuferinnen. Die werden von den streng duftenden Schwaden eingehüllt, die Frauen und Männer in traditioneller Indio-Kleidung vorm Eingang zur Kirche aus geschwenkten Blechbüchsen entweichen lassen, in denen Baumharz verbrennt.

Ein Planenmeer überspannt die Marktstraßen.

Nach zwei Stunden Schlendern zwischen vielen Ständen und noch mehr Leuten gönnen wir uns eine kleine Pause in einem Restaurant in der ersten Etage mit Blick auf das Meer der Plastikplanendächer. Jeanette hatte schon an einem der Marktstände ein frisch gebratenes Hühnerstück gegessen. Ich gönne mir im Restaurant ein kleines Mittag – für den doppelten Preis. Von oben sehen wir den Händlern zu, die schön duftende und aufgeschichtete Mangos tütenweise verkaufen. Gegenüber hütet eine Indigena während der Verkäufe ihre beiden kleinen Kinder. Ununterbrochen laufen Einheimische mit schweren Kisten, prallen Tüten und auf den Rücken geschnallten Einkäufen vorbei.

Geschäftsfrau beim Geschäfte machen.

Wir können uns kaum vorstellen, dass es sich lohnt, teils stundenlang zu laufen oder zu fahren, um hier seine Sachen loszuwerden. Wer kauft nur all die Waren? Wir jedenfalls nicht, auch wenn wir in jeden Marktstand gebeten und von mobilen Händlern angesprochen werden. Aber selbst der Mann, der mit bestimmt hundert kunterbunten Gürteln behängt durchs Gedränge läuft, hat immer wieder Kundinnen. Jeder verkauft offenbar genug, so dass sich der Aufwand Markt lohnt. Diese Art des Handels ist uns etwas befremdlich, weil wir sie so nicht kennen. Aber es ist offensichtlich, dass der unübersichtlich wirkende Markt einem ausgeklügelten, lange bestehendem System gehorcht, das ihn rentabel macht. Immerhin sind am Abend die hunderten Stände wieder abgebaut und weggeschafft – nur um sie zwei Tage später für den nächsten Markt genauso wieder aufzubauen.

Ein Kommentar

  1. Hallo Ihr Zwei, es ist wieder mal toll.
    Wir lesen immer wieder gern Eure Berichte und gucken Bilder über die vielen verschiedenen Abenteuer. Gerade hab ich mir mal wieder Geräusche und vor allem auch Gerüche dazu gewünscht 😊
    Habt weiter eine schöne Reise, bleibt neugierig und lasst uns teilhaben.
    Danke liebe Grüße Nine und TO

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