Mit dem kleinen Campervan ziehen wir zuerst in Richtung Süden und finden einen Platz am Meer wie aus der Camperwerbung im Kino. So weitgehend alleine wollen wir auch auf der Wanderung zu einem Leuchtturm sein. Eine Suche nach der Einsamkeit.

Ein Stück vorm Ende der Ruta 9: Rillen im Schotterweg

Wir haben wieder ein Ende erreicht, aber nicht so ein großspuriges wie das der ganzen Welt. Diesmal ist es das einer Straße, der Ruta 9, hier in Chile eine Bundesstraße. Das Ende kündigt sich schon lange vorher an. Als es noch hinter etlichen Biegungen der Uferpiste liegt, da wird plötzlich das Auto durchgeschüttelt. Nach dem abrupten Ende der glatt betonierten Straße südlich von Punta Arenas knirscht Kies unter den Reifen: Mit dem vor 80 Kilometern abgeholten kleinen Campervan geht es über eine Schotterpiste mit deutlich spürbaren Querrillen weiter, direkt am Ufer der Magellanstraße entlang, bis es eben nicht mehr weiter geht. Dafür geht der Blick sehr weit. Diese Landschaft scheint viel größer und weiter zu sein, als irgendeine in Deutschland. Am Horizont lässt sich gerade noch die Trennlinie zwischen Wasser und Himmel erkennen, wo die fernen Berge die Farbe der Wolken zu imitieren scheinen.

Einsame Bucht an der Magellanstraße.

Was uns ans Ende der Ruta 9 Sur verschlägt ist der heimliche Wunsch vieler Reisender: Eine sonst nicht gekannte, wohltuende Einsamkeit zu erleben, zugleich ein Stück in der Landschaft aufzugehen. Der Wanderführer hat hier eine sehenswerte Strecke zu einem, natürlich einsam gelegenen, Leuchtturm versprochen, mit Delphinen und Seelöwen unterwegs, wer es glaubt. Die Gegend bietet sich wirklich für positive Einsamkeitsgefühle an: Auf der Strecke hier runter ducken sich zwar immer wieder kleine Häuser unter vom Wind schräg geraspelte Bäume, aber ernst zu nehmende Orte gibt es südlich von Punta Arenas nicht. Und unser Schlafplatz erst. Ein paar Kilometer vom Sperrbalken des Straßenendes zurück, biegen wir in einen holprigen Weg ab, der nur fünf Meter neben dem Strand verläuft. Eine Reihe dorniger Büsche schirmt uns von der Straße ab. Hier, direkt am Meer, genauer am Meeresarm, wollen wie die immer mal durch die Wolken brechende Sonne genießen und die Zeit dazu nutzen, uns das Mini-Wohnmobil langsam zu eigen zu machen.

Einer der Delphine springt während der Jagd.

Ein lautes Pffff lässt uns die Köpfe abrupt zum Wasser drehen. Delphine! Nicht weit vom Ufer ist eine kleine Familie von fünf Tieren auf der Jagd. Fasziniert sehen wir zu, wie sie tauchen, mit der Schwanzflosse aufs Wasser schlagen, ab und an springt ein Youngster übermütig aus den Wellen. Wir sehen sie immer wieder, während sie auf und ab ziehen. Beim Abendessen hüpfen uns grün-gelbe Vögel um die Beine, als müssten sie von uns nichts befürchten, als zu wenig runter fallende Krümel. Als die Delphine weg sind, die Sonne hinter dem bis zur Straße reichenden Wald verschwindet und es merklich kälter wird, kriechen auf der dicken Matratze im Auto unter die Decken.

Am nächsten Morgen fahren wir das Stück zum Straßenende erneut, denn da geht der Wanderweg am Kiesstrand entlang los. Hinter der ersten Biegung geht der Blicke weit über den Weg vor uns, das Wasser, die im Dunst bläulich schimmernden Berge und den dichten Wald. Wir atmen tief saugend diese Eindrücke ein und sind ganz alleine. An sandigen Stellen sehen wir dann frische Spuren von drei Menschen. Aber auf der zweistündigen, im losen Kies nicht gerade gemütlichen Tour sehen wir weit und breit niemanden, nur Natur. Gestört wird das lediglich von ein paar fernen Schiffen, die durch die Magellanstraße vom Atlantik zum Pazifik unterwegs sind.

Die einsamen Spuren der drei Wanderer vor uns.

Als wir auf dem Hügel mit dem Leuchtturm San Isidro ankommen, starten die drei Wanderer vor uns gerade den Rückweg. Die Sonne bricht durch die Wolken und wir genießen im Gras liegend die Einsamkeit und Ausblicke. Als wir uns auf den 2-Stunden-Weg zurück zum Straßenendparkplatz machen, kommen uns doch viele andere Touristen entgegen. Das macht uns mal wieder klar, dass man die schönen Orte doch nicht für sich alleine hat. Aber wir hatten das Glück, hier einige sehr schöne einsame, vielleicht besser alleinige Momente zu erleben, weil wir früh genug losgelaufen sind. Mit einem Hochgefühl starten wir das Auto und nehmen jetzt die Ruta 9 vom Anfang an unter die Räder Richtung Norden, auf dem Weg zu neuen Zielen, vielleicht auch ein bisschen einsamen.

5 Kommentare

  1. Welch schöne Eindrücke 😍
    Frühaufstehen lohnt sich! Habt weiterhin eine tolle Zeit und wir freuen uns über euren nächstes Bericht.
    Liebe Grüße

  2. Magellanstraße, Delphine, alleinig-einsamer Leuchtturm. Klingt wie Träume aus dem Heimatkunde-Unterricht :-). Wenn ihr jetzt beschriebt, dass ihr an dem Traumstrand schwimmen wart, komme ich hinterher :-).

    • Vom Traumstrand sind wir noch etliche Breitengrade entfernt. Aber wir geben dir Bescheid, wenn wir dort ankommen. Enni. Dann kannst du den Flug fix buchen 😉

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