Eine Wanderung in Boquete in Panama ist schlecht für uns gestartet, doch eine Farmerin hat uns ganz selbstverständlich aus der Patsche geholfen.

Das darf doch nicht wahr sein!“ Vermutlich habe ich meinen Frust nicht ganz so galant, sondern eher mit ein paar derben Schimpfwörter rausgelassen. Ich weiß es nicht mehr genau. Dafür kann ich mich ganz genau an das Gefühl erinnern, als mir klar wurde, was ich da verzapft habe. Im strahlenden Morgenlicht nehmen wir einen der Senderos in Angriff, der Wanderwege. Da fällt mir siedend heiß auf, das ich ganz leicht laufe … der Rucksack fehlt. Mir wird schlagartig klar, dass ich ihn im Colectivo liegen gelassen habe, in dem Kleinbus, der uns die 20 Minuten von Zentrum Boquetes zum Start des Weges gebracht hat. Als wir draußen waren, hat der Bus auf der engen Straße gleich umgedreht und ist davon gefahren. Ach du Sch….

Während ich noch nach den passenden Fluch-Wörtern suche, reagiert Jeanette ganz anders. Sie ergreift die Initiative, rudert wild mit den Armen und veranlasst so ein gerade vorbei fahrendes Auto anzuhalten. In dem Allrad-Pickup sitzt eine ältere Frau und sieht uns fragend an. Als Jeanette ihr mit ein paar spanischen Worten klar gemacht hat, dass das Colectivo gerade mit unserm Gepäck weggefahren ist, lässt sie uns einsteigen und braust los. Zwei Kilometer weiter ist aber eine Kreuzung. Soll sie nun nach rechts fahren, oder lieber nach links. Beide Wege führen in Bögen zurück nach Boquete. Dort verkehren zwei Colectivo-Linien, erklärt sie uns, jede auf einem der Bögen. Was wir der Frau sagen können ist, welche Farbe der Bus hat: weiß. Hilft das weiter?

Die Frau bleibt mitten auf der Kreuzung stehen und erklärt uns noch einmal das Prinzip der zwei Linien in temperamentvollen Spanisch und sieht uns mit großen Augen fragend an: wo soll sie hinfahren? Wir sind uns leider nicht sicher, aus welcher Richtung wir gekommen sind, darauf mussten wir ja eigentlich nicht achten. Dann erkenne ich ein Hinweisschild wieder und kann der immer weiter sprechenden Frau sagen, dass wir von links gekommen sind. Sie legt den Gang ein und braust in genau die Richtung los. Ich wäre in der Vermutung eines Rundkurses des Colectivos glatt nach rechts abgebogen, halte aber meinen Mund – auch in Ermangelung passender spanischer Wörter.

Von Wald umgeben: Marias Finca am Hang.

Die Fahrerin stellt sich beim kurven auf der schmalen und einsamen Straße durch den Wald als Marianella, oder kurz Maria, vor und fängt an, über die Gegend zu schwärmen. Hier sei es sehr ruhig und wunderschön, in einer Stadt würde sie nicht leben wollen. Sie zeigt in einer ausladenden Geste auf die andere Seite des Tals, wo sie ihre Finca hat. Im Gegensatz zu fast allen anderen Farmern hier baut sie aber keinen Kaffee an, sondern Erdbeeren. Am Abend zuvor haben wir doch tatsächlich den Laden in der Kleinstadt Boquete gesehen, wo man ihre Früchte kaufen kann.

Als das nach weiteren drei Kilometern geklärt ist, steht doch tatsächlich genau der Kleinbus am Straßenrand, in dem der Rucksack liegt. Der Fahrer guckt ziemlich verdutzt, als er uns im neben ihm haltenden Pickup entdeckt. Bei der Frage nach unserem Rucksack stutzt er kurz, klettert dann nach hinten und reicht ihn uns durch das Fenster. Wir sind mal wieder total erstaunt, wie viel Glück wir doch haben. Maria wendet ihr Auto in mehreren Zügen und fährt laut redend und uns nach unseren Reiseplänen fragend die ganze Strecke wieder zurück. Dass sie irgendwie wusste, wo der Kleinbus ist, oder auch nur Glück hatte, ist ihr aber keine weiteren Worte wert. Genau dort, wo wir sie vor einer knappen halben Stunde angehalten habe, lässt sie uns lächelnd und

Einer der drei verlorenen Wasserfälle.

eine gute Tour wünschend wieder raus. Beim Losfahren ruft sie uns noch zu, ja nicht den nach links abbiegenden Wanderweg zu nehmen. Dort sei schon mal eine Touristin verschwunden, ruft sie mit sehr ernstem Gesicht. Vorsichtshalber stoppt sie noch mal und fragt uns, ob wir das auch verstanden haben. Haben wir und wandern nach rechts.

Wir können immer noch nicht glauben, was uns da eben passiert ist und wie selbstverständlich die panamaische Farmerin uns Fremde in ihr Auto gelassen hat und statt nach Hause einem Colectivo hinterher gefahren ist. Wir sind baff und glücklich, dass sie das gemacht hat. Und wir sind nicht nur froh, weil das Gepäck wieder da ist, sondern auch der Sprache wegen. Zwar konnten wir die Sätze nicht genau so sagen, wie gewollt, aber wir haben uns getraut und konnten Maria sagen, was wir wollten und sogar noch etwas Smalltalk machen. Wir sind ein gutes Stück stolz auf unser „jetziges“ Spanisch – danke an unsere Lehrer Nubia, Alberto und Linette.

Nun mit dem Rucksack auf dem Rücken startet unsere Wanderung nochmal. Richtig passend führt der Weg zu den Lost Waterfalls, den verlorengegangenen Wasserfällen. Fast hätten wir ihn in Lost Luggage umbenennen können, das verlorengegangene Gepäck. Dank Maria haben wir den davongefahrenen Rucksack noch und die drei im Dschungel versteckten Wasserfälle finden wir dann auch wieder.

2 Kommentare

  1. Liebe Reisende,
    hat der dicke Schutzengel mal wieder zugeschlagen. Dem war bestimmt schon öde. Außerdem fühlte sich Schnett bestimmt wie zu einem Schulwandertag: iegendeiner lässt was liegen :).
    Kolja hat sich über die letzten Filme wieder sehr gefreut. Knuth war neidisch, auf die Blattschneideameisen- Erfahrung.
    Liebe Grüße
    Anja

  2. Hallo, Jens, du bist aber auch ein Schusselchen. Trotz allem noch mal Glück gehabt. Ihr solltet aber euren Schutzengel auch nicht überstrapazieren.
    Ich lese eure Berichte immer mit Interesse und bin begeistert über so viel Unternehmungsgeist.
    Weiterhin noch viel Spaß.
    Liebe Grüße von Heike und Frank

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